Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet – Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus“
Ausstellungseröffnung im ehemaligen KZ Osthofen
„Zwischen dem Euthanasie-Erlass von 1939 und der Verabschiedung unseres Grundgesetzes liegen nur 10 Jahre – aber Sie markieren den Zeitraum zwischen dem größten Zivilisationsbruch und dem größten Glück der Deutschen“, so Landtagsvizepräsident Heinz-Hermann Schnabel bei der Eröffnung der Ausstellung „erfasst, verfolgt, vernichtet“ in Osthofen. „In Artikel 1 unseres Grundgesetzes wird die Ultima Ratio aus der Barbarei gezogen: ‚Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt‘“. Dieser Satz habe Staat und Gesellschaft den Weg gewiesen. „Der Wert des Menschen aber ist nicht diskutabel“, stellte Schnabel klar, „er steht nicht zur Disposition des Staates. Mit weiteren Änderungen des Grundgesetzes, unserer Landesverfassung, der UN-Behindertenrechtskonvention und anderen Regelungen sind wir einen langen Weg gegangen bis hin zur Inklusion und dieser Weg ist noch nicht zu Ende.“ Schnabel würdigte diese verdienstvolle und umfassende Ausstellung, die erstmals im Jahre 2014 im Bundestag unter der Schirmherrschaft von Bundespräsident Joachim Gauck gezeigt wurde. Sie geht der Frage nach dem Wert des Lebens nach. Sie erzählt die Geschichten von Ausgrenzungen, Zwangssterilisation und Massenmord. Sie beschäftigt sich mit Opfern, Tätern, Tatbeteiligten und Opponenten und fragt schließlich nach der Auseinandersetzung von dem Geschehenen von 1949 bis heute. Sie ist selbst ein Teil dieser Auseinandersetzung. Dafür dankte er der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychosomatik und Nervenheilkunde, allen am Projekt Beteiligten und besonders Prof. Frank Schneider, der in diese Ausstellung einführte. Kranke und behinderte Menschen gehörten zu den Verfolgten des Nationalsozialismus. Sie galten als Belastung für die sogenannte „deutsche Volksgemeinschaft“. Bis zu 400.000 Menschen wurden ab 1934 gegen ihren Willen sterilisiert, mehr als 200.000 Menschen aus Heil- und Pflegeanstalten ermordet. Dies geschah inmitten der deutschen Gesellschaft, verantwortet von Psychiatern, Neurologen und anderen Fachärzten, von Verwaltungsfachleuten und Pflegekräften. Die Ausstellung wurde von der DGPPN in Kooperation mit der Stiftung Denkmal für die ermordeten Juden Europas und der Stiftung Topographie des Terrors als Wanderausstellung entwickelt, sie tourt seit 2014 durch Deutschland und macht nun in Rheinland-Pfalz Station.
Vom 14. Januar bis 13. März 2016 präsentieren Landeszentrale für politische Bildung, Landtag Rheinland-Pfalz und Förderverein Projekt Osthofen e. V. die Ausstellung der DGPPN über Kranke und behinderte Menschen im Nationalsozialismus in der Gedenkstätte KZ Osthofen, Ziegelhüttenweg 38, 67574 Osthofen.
Die Ausstellung ist bis zum 13. März 2016 geöffnet: Di. – Fr. 9.00 bis 17.00 Uhr und Sa./So. 13.00 – 17.00 Uhr. An Montagen und an den Fastnachtstagen am 8./9.Februar 2016 ist die Ausstellung geschlossen.
Bildunterschrift:
Von links: Bürgerbeauftragter Dieter Burgard, Vorsitzender des Fördervereins Projekt Osthofen e. V. Klaus Hagemann, Landtagsvizepräsident Heinz-Hermann Schnabel, Professor Frank Schneider, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde und Wolfgang Faller, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung Rheinland-Pfalz.
Foto: Jannik Reinecke/Die Knipser